Gesundheit – nicht für alle: Information
Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gesundheit „der Zustand völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen“ (Erklärung von Alma-Ata vom 12. September 1978). So verstanden, steht Gesundheit nicht unmittelbar im Gegensatz zu Krankheit, Gebrechen und Trauer, die Teil menschlichen Lebens sind.
Gesundheit ist ein Menschenrecht – dennoch ist der Zugang zu medizinischer Versorgung weltweit dramatisch ungleich. Weltweit haben mehr als zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu Medikamenten. Jährlich sterben 25 Millionen Menschen an Krankheiten, die leicht zu behandeln wären. Und immer noch wird viel zu wenig in die Erforschung von Tropenkrankheiten investiert. In vielen ärmeren Ländern hat die Mehrheit der Menschen keine Krankenversicherung und es mangelt an öffentlichen Gesundheitsdiensten.
„Gesundheit für alle: das engagierte Ziel von Gesundheitsaktivisten in aller Welt könnte längst verwirklicht sein, denn, und das ist die gute Nachricht: Es mangelt nicht an den Mitteln, die notwendig sind, um allen Menschen ein Höchstmaß an Gesundheit zu ermöglichen. Die Welt schwimmt im Geld, und das spiegelt sich auch in den weltweiten Ausgaben für die Gesundheitsversorgung. 6.500.000.000.000 US-Dollar waren es 2010, so die WHO, 6,5 Billionen. Verteilt auf alle Bewohnerinnen und Bewohner der Erde wären das immerhin knapp 1.000 Dollar pro Kopf und Jahr. Die schlechte Nachricht: in Eritrea stehen den Menschen durchschnittlich nur 12 Dollar zur Verfügung. In Glasgow haben Kinder aus ärmeren Siedlungen eine um 27 Jahre geringere Lebenserwartung als Kinder aus wohlhabenden Wohngegenden. In Griechenland müssen heute Krankenhäuser aus Geldmangel selbst lebensnotwenige Operationen absagen und ein ganzes Gesundheitssystem droht zu kollabieren. Und auch in Deutschland stehen Krankenhäuser aus finanziellen Gründen vor dem Aus.“ (Aus: Thomas Gebauer, Mehr soziales Eigentum, in: medico-rundschreiben 01/13, S. 4)
„Je geringer das Einkommen, desto größer das Krankheitsrisiko. Je prekärer die Lebensumstände, desto kürzer die Lebenserwartung. Ausgerechnet diejenigen mit dem größten Versorgungsbedarf, die Ärmsten der Armen, haben kaum je eine Chance, einen Arzt zu sehen, geschweige denn, im Krankheitsfalle in einem angemessen ausgestatteten Krankenhaus behandelt zu werden. 84 Prozent der Weltbevölkerung leben in Ländern mit geringem Einkommen; sie tragen 90 Prozent der weltweiten Krankheitslast, aber können über nur 12 Prozent der globalen Gesundheitsausgaben verfügen.“ (Thomas Gebauer, Ein Hilfsfonds für die Gesundheit, Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau vom 7. November 2014)
„Gesundheit für alle“ kann letztlich nur in (welt)-gesellschaftlichen Verhältnissen entstehen, die jedem Menschen soziale Gerechtigkeit und die Entfaltung und Befriedigung existenzieller und sozialer Bedürfnisse garantieren. Die Befreiung aus Krankheit, Elend und Gewalt erfordert deshalb zuallererst die Rekonstruktion des Sozialen und die Stärkung der Subjektivität. Soll der bestmögliche Zugang zu einem Leben in Gesundheit unbedingtes Recht aller sein, muss er von der Gesellschaft und ihren Institutionen garantiert werden. Was für die Gesundheit notwendig ist, kann aber nicht bloß von Experten, sondern nur unter voller Partizipation aller entschieden werden. Der Zugang zu Gesundheit ist eine politische Angelegenheit, die von ausreichender Ernährung, menschenwürdigen Wohnverhältnissen, einem angemessenen Einkommen, dem Recht auf Teilhabe an einem freien, gerechten und sicheren Gemeinwesen sowie der Achtung der individuellen und sozialen Menschenrechte abhängig ist. Das Eintreten für Gesundheit erfordert deshalb immer auch die globale Überwindung einer Wirtschaftsordnung, die das Soziale dem Diktat der Ökonomie unterordnet.
Ein Viertel der Erkrankungen und vorzeitigen Todesfälle weltweit werden zufolge durch Umweltverschmutzung und -zerstörung verursacht, heißt es in dem unter dem Titel „Gesunde Umwelt, Gutes Leben für alle“ am 13. März 2019 in Kenias Hauptstadt Nairobi vorgestellten aktuellen 6. Report „Global Environment Outlook“ (GEO-6) des UN-Umweltprogramms (Unep).
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) trägt jedes Jahr Statistiken rund um Gesundheit und Krankheit aus aller Welt zusammen.
Insgesamt hätten sich die Qualität und der Zugang zu den Gesundheitssystemen zwischen 2000 und 2016 weltweit verbessert, heißt es in der am 23. Mai 2018 in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichten Studie Global healthcare access and quality improved from 2000–2016. Deutschland erhielt für 2016 mit Blick auf die Qualität und den Zugang zum Gesundheitssystem 92 von 100 Punkten (im Jahr 2000 waren es noch 86,1 Punkte) und liegt damit weltweit auf Platz 18. Ganz oben auf der Rangliste stehen Island (97,1), Norwegen (96,6) und die Niederlande (96,1). Am Ende der Tabelle finden sich vor allem afrikanische Staaten; den schlechtesten Wert erhielt die Zentralafrikanische Republik (18,6).
Im Mai 2022 ist die inzwischen sechste Ausgabe des alternativen Weltgesundheitsberichts Global Health Watch erschienen. Das verbindende Narrativ ist die Vision von Gleichbehandlung und einem gerechten Zugang zu Gesundheit für alle Menschen.
Die drei großen Infektionskrankheiten AIDS, TUBERKULOSE und MALARIA raffen jährlich sechs Millionen Menschen dahin.
Im Jahr 2021 haben sich laut dem am 27. Juli 2022 veröffentlichten UNAIDS-Bericht rund 1,5 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus infiziert. Insgesamt lebten Ende 2021 mehr als 38 Millionen Menschen mit HIV, rund 650.000 Menschen seien im Jahr 2021 an den Folgen von Aids gestorben. – Zahlen zu HIV/Aids in Deutschland finden Sie hier.
4000 Menschen sterben weltweit täglich an Tuberkulose, so viele wie an keiner anderen bakteriell verursachten Erkrankung. Sie wird über Tröpfchen in der Atemluft übertragen und befällt meist die Lunge. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit mindestens 20 Millionen Menschen daran, jedes Jahr erkranken zehn Millionen neu und etwa 1,5 Millionen Menschen sterben Jahr für Jahr an Tuberkulose. Sie ist damit eine der zehn häufigsten Todesursachen weltweit.
Gerade die ärmsten Länder der Welt sind von keiner Krankheit auch nur annähernd so stark betroffen wir von Malaria. Dem am 6. Dezember 2022 in Genf veröffentlichten Malaria-Report 2022 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sind im Jahr 2021 weltweit 619.000 Menschen an Malaria gestorben, die Krankheitsfälle stiegen auf 247 Millionen an. Rund 95 Prozent davon entfallen auf Subsahara-Afrika, wo es wiederum zu 80 Prozent Kinder unter fünf Jahren trifft. Ausgelöst wird Malaria durch Plasmodium-Parasiten, die durch weibliche Anopheles-Mücken übertragen werden, die vor allem bei Dunkelheit aktiv sind. Von den Erregern gibt es mehrere Varianten, die häufigste und gefährlichste ist P. falciparum. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erstmals die breite Anwendung eines Impfstoffes gegen Malaria empfohlen: Das Vakzin RTS,S solle an Kinder in Afrika südlich der Sahara und in anderen Malaria-Regionen verabreicht werden, erklärte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am 6. Oktober 2021 in Genf. – Die WHO hat im Februar 2021 El Salvador als erstes Land Mittelamerikas als frei von Malaria erklärt. Die WHO stuft ein Land als malariafrei ein, wenn es dort seit mindestens drei Jahren keine einheimische Übertragung der Erreger der Tropenkrankheit gegeben hat. Dies haben weltweit laut WHO bisher 38 Länder und Territorien geschafft. – Die WHO schätzt, dass die Gesamtinvestitionen in die Malaria-Bekämpfung, etwa 3,5 Milliarden Dollar (3,3 Milliarden Euro), weniger als halb so hoch sind, wie eigentlich nötig wäre, um die Auswirkungen der Krankheit drastisch zu reduzieren.
Im Gegensatz zu diesen „großen Drei“ fristen die NEGLECTED TROPICAL DISEASES (NTD), die vernachlässigten Tropenkrankheiten, in Budges für medizinische Entwicklungshilfe ein Schattendasein, obwohl mehr als 1,7 Milliarden Menschen weltweit an mindestens einer dieser Krankheiten leiden. Die größte Gruppe sind Frauen und Kinder.
Zu den Ursachen von COVID-19:
- Sonia Shah, Woher kommt das Coronavirus?, in: Le Monde diplomatique, März 2020
- Rob Wallace, Was COVID-19 mit der ökologischen Krise, dem Raubbau an der Natur und dem Agrobusiness zu tun hat. Aus dem amerikanischen Englisch und mit einem Vorwort von Matthias Martin Becker, PapyRossa Verlag, Köln 2020
- WWF-Analyse „Beyond Boundaries: Insights into emerging zoonotic diseases, nature, and human well-being“
- WWF-Hintergrundpapier „Umweltzerstörung und Gesundheit. Naturschutz und Pandemiegefahr“
- IPBES-Workshop-Bericht zu Biodiversität und Pandemien
Vgl. auch 3. KW: Mütter- und Kindersterblichkeit; 42. KW: Hunger und Mangelernährung.